2019
Reproduzieren Algorithmen Geschlechterrollen?
Informatikerinnen und Informatiker der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg starten ein Projekt, um einen breitangelegten öffentlichen Diskurs zu Chancen und Risiken der neuen Technologie in Gang zu setzen. Sie entwickeln mit der Convention zur Künstlichen Intelligenz KI im Gendercheck ein Veranstaltungsformat, das es Experten und Interessierten ermöglicht, gemeinsam zu experimentieren und sich auf einer Plattform intensiv zu Chancen, aber auch Risiken der KI auszutauschen und zu diskutieren, ob durch den Einfluss künstlicher Intelligenz gesellschaftliche Diskriminierungsmuster der Geschlechter verstärkt werden.
Auf einer Fläche von über 1.000 Quadratmetern werden im November 2019 in der FestungMark in Magdeburg Besucherinnen und Besucher der Convention auf Experten treffen und mit ihnen über den aktuellen Stand der KI-Forschung diskutieren. Eine Ausstellung zeigt neueste Produkte, Anwendungen, Workshops und Initiativen aus dem Feld der Künstlichen Intelligenz zum Anfassen, Mitmachen, Ausprobieren und Feedback geben. Täglich werden Filme gezeigt, die im Anschluss von einem „KI-Gender-Quartett“ aus unterschiedlichen Perspektiven heraus bewertet werden: Welche Mythen, welche Fakten stecken in dem Film, mit welchen Stereotypen werden wir als Zuschauer konfrontiert?
Die Idee einer Plattform für einen breiten öffentlichen Diskurs zum Thema Künstliche Intelligenz ist eins von 19 ausgezeichneten Vorhaben zur Wissenschaftskommunikation, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2019 finanziert, um eine Auseinandersetzung mit dem Thema Künstliche Intelligenz zu fördern.
Nur wenige Frauen sind im KI-Bereich tätig
„Künstliche Intelligenz bestimmt bereits intensiver unseren Alltag, als wir denken und wahrnehmen. Die Geschwindigkeit der Entwicklung und Forschung ist enorm, ein Beispiel von vielen sind die Möglichkeiten der Sprach- und Gesichtserkennungssysteme“, so die Informatikerin Prof. Dr. Sanaz Mostaghim von der Universität Magdeburg, die am Projekt beteiligt ist. „Aber: Weltweit ist dabei nicht einmal jede vierte KI-Fachkraft eine Frau. Das zeigt der ‚Global Gender Gap Report‘ des ‚World Economic Forums‘. Deutschland fällt in diesem Report besonders auf. Einerseits gehört Deutschland hinter den USA und Indien zu den erfolgreichsten Ländern in dem KI-Ranking, andererseits sind nur 16 Prozent aller KI-Fachkräfte in Deutschland weiblich.“
Aus dieser Situation ergebe sich eine ganze Reihe von Fragestellungen:
- Schlägt sich die männlich dominierte KI-Kompetenz auch in Denkmustern bei der KI wieder?
- Mit welchen Daten füttern Programmierer lernende Systeme und werden dadurch unbemerkt Vorurteile in Algorithmen reproduziert?
- Brauchen wir mehr weibliche Entwickler?
- Warum haben digitale Assistenten und „Befehlsempfänger“ wie z. B. Siri, Cortana und Alexa in vielen Ländern weibliche Vornamen, sind in der arabischen, britischen und niederländischen Sprachversion aber standardmäßig männlich eingestellt?
- Müssen Wertevorstellungen zu KI künftig auf breiterer gesellschaftlicher Basis verhandelt werden?
„Drei Tage lang wollen wir uns im kommenden November darüber gemeinsam mit allen Teilen der Bevölkerung austauschen und diskutieren, informieren, kritisieren - schauen, spielen, mitmachen, ausprobieren“, beschreibt Prof. Sanaz Mostaghim das ambitionierte Ziel der Veranstaltung. „Jede und jeder kann sich als Aussteller anmelden und zeigen, was Künstliche Intelligenz mittlerweile alles kann und wo die Reise zukünftig hingehen könnte.“
Das Projekt der Fakultät für Informatik der Universität Magdeburg, des Gleichstellungsbüros und von Prof. Dr. Andrea Wolffram, Gastprofessorin Gender and Technology Studies an der Fakultät für Maschinenbau der Universität Magdeburg, wird von allen Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt, dem landesweiten FEM POWER-Netzwerk und der Gesellschaft für Wissenschaftskommunikation science2public unterstützt.
Interessierte Bürgerinnen und Bürger oder Initiativen können sich als Experten oder Aussteller bis zum 31. August 2019 bewerben.
Hintergrund
Die Unesco hat jüngst einen Bericht veröffentlicht, in dem kritisiert wird, dass Sprachassistenten wie Siri und Alexa Gender-Stereotype reproduzierten. Demnach seien sie „unterwürfig, gehorsam und stets höflich“. „Maschinen, die patriarchalische Ideen replizieren, stehen dem Versprechen, Gender-Gleichheit zu erreichen, entgegen“, heißt es in dem Bericht weiter. Vor dem Hintergrund, dass Kinder mit der Spracherkennungstechnologie aufwachsen und Sprache ein Geschlechtsmarker ist, bestünde die Gefahr, dass bestimmte Vorstellungen von Frauen als dienenden Maschinen transportiert und tradierte Rollenbilder überdauern würden.
Magdeburger sind mit ihrem Roboter Vizeweltmeister
Ein Team der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg ist im australischen Sydney Vizeweltmeister im Roboterwettkampf geworden. Das Team RobOTTO hat eine der weltweit besten Leistungen im Programmieren eines Roboters beim RoboCup, der Weltmeisterschaft im Roboter-Programmieren, gebracht. Auf einem Parcours musste er Arbeitsaufgaben lösen.
Herausforderungen in Sydney
Mit YouBot so heißt der Magdeburger Roboter ist das Team zur Weltmeisterschaft angetreten. YouBot kann sich selbstständig bewegen und navigieren. Dafür benutzt er einen Laserscanner und eine Kamera. Er kann Objekte mit Hilfe der Kamera erkennen. Die Objekte kann er greifen, transportieren und wieder auf einem Tisch platzieren. Diese Funktionen braucht er in der „@work“-Liga, in der das RobOTTO-Team antritt. Dabei werden Szenarien aus der Industrie durchgespielt. Der Roboter muss zum Beispiel Objekte transportieren, aufnehmen, ablegen und darf dabei nirgends gegenstoßen. Er muss Gegenstände, zum Beispiel Würfel und drei- oder viereckige Zylinder, in passende Löcher einfädeln. Dass er das alles schafft, muss das Team erst programmieren: Er muss unter anderem stehenbleiben oder die Fahrtrichtung wechseln, sobald seine Kamera oder Sensoren ein Hindernis erkennen.
Mit der Leistung in Sydney ist das Team zufrieden. „Es war diesmal unglaublich anstrengend“, sagt Dr.-Ing., Teamkapitän und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Informatik der Uni Magdeburg, „aber wir haben einen fantastischen 2. Platz gemacht. Es trennen uns nur 85 Punkte vom 1. Platz bei einer Gesamtpunktzahl von rund 4000.“ Damit seien sie auf einem Niveau mit dem Weltmeister vom letzten Jahr, so der Wissenschaftler.
Studierende und Wissenschaftler arbeiten zusammen
Zwei wissenschaftliche Mitarbeiter, mehrere Studentinnen und Studenten aus den Fakultäten für Informatik, Maschinenbau und Elektrotechnik und Informationstechnik der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, eine Lehrerin sowie der Lehrstuhl Computational Intelligence und das zugehörige Sekretariat arbeiten bei RobOTTO mit. Der Lehrstuhl kümmert sich um Räume, Beschaffung von Hardware, Organisation und Finanzen. Die Arbeit am „YouBot“ leisten vor allem die Wissenschaftler und Studierenden.
Auf den RoboCup hatte sich das Team schon lange vorbereitet: Einmal in der Woche treffen sich die Mitglieder im „SwarmLab“, einem Labor an der Fakultät für Informatik, um zu planen, konstruieren, programmieren und diskutieren. Einmal im Monat verbringen die „RobOTTOs“ ein ganzes Wochenende an der Uni, um ihre Arbeit auszutesten. Sie bauen wadenhöhe Wände auf, Hindernisse und Gegenstände wie bei der Weltmeisterschaft und testen ihre Konstruktionen und Programmierungen.
Im Mai hatte das „Team RobOTTO“ bereits den 2. Platz bei den „GermanOpen 2019“ erarbeitet, die auf dem Messegelände Magdeburg stattgefunden hatten. „Wir freuen uns, dass wir beim WorldCup eine bessere Leistung als bei den GermanOpen erbracht haben“, sagt Informatikern Prof. Dr.-Ing. Sanaz Mostaghim, die das Team betreut, „die Bemühungen haben sich definitiv gelohnt!“
Ein besonderes Teammitglied
Als ganz besonderes Teammitglied ist Oppenheimer immer dabei: Oppenheimer ist der Teamhund. Seine Aufgabe ist die moralische Unterstützung. „Wettbewerbe sind immer anstrengend“, erklärt Sanaz Mostaghim, „insbesondere, wenn wir Leistungsdruck haben wie im Sport. Bei uns ist der Druck noch stärker, denn sobald der Roboter läuft, kann der Entwickler nichts mehr ändern. Der Sportler kann seine Geschwindigkeit während Laufzeit anpassen.“ Ein moralischer Unterstützer sei daher sehr wichtig und „wir lieben Oppi“, sagt die Betreuerin. Leider hatte er das Team nach Sydney nicht begleiten können.
Uni Magdeburg veranstaltet Science-Camp für Schülerinnen
Wie wird ein Computerspiel programmiert? Wie entsteht eine Webseite? Wie werden 3D-Welten mit Virtual Reality entwickelt? Im FEMININ-Science-Camp „Girls let’s play“ erhalten Schülerinnen aus ganz Sachsen-Anhalt darauf Antwort. Das Science-Camp wird von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg gemeinsam mit der Hochschule Merseburg organisiert und abwechselnd an den jeweiligen Hochschulen veranstaltet.
Vom 7. bis 9. August 2019 können die jungen Frauen ab Klasse 11 in virtuelle Welten eintauchen und weibliche Role-Models aus der Spieleentwicklung sowie junge IT-Start-ups kennenlernen. In Workshops erfahren sie mehr über Spieleprogrammierung und darüber, wie mit 3D-Konstruktion 3D-Welten aufgebaut werden, und sie erleben die unendlichen Möglichkeiten der Virtual Reality live. Bei dem Uni-Start-up TinkerToys können die Schülerinnen mit einem 3D-Drucker Spielzeug entwerfen. Und „selbst ist die Frau“ auch beim Erstellen einer Webseite mit den Code Girls, die wissen, dass „programmieren lernen wie Fremdsprache lernen ist“.
Für die Teilnahme am Science-Camp wird ein Verpflegungsbeitrag von 20 Euro erhoben. Die Teilnahme an den Workshops und die Übernachtungen sind kostenfrei. Fahrtkosten können erstattet werden. Online-Anmeldungen sind kurzfristig noch möglich.
WAS: |
FEMININ-Science-Camp zu MINT-Studiengängen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) |
WANN: |
7. bis 9. August 2019 |
WO: |
Campus der Hochschule Merseburg, Eberhard-Leibnitz-Straße 2, 06217 Merseburg |
Mit Frauenpower durch Sachsen-Anhalt
Die Veranstaltung findet im Rahmen des Projekts „FEMININ quer durchs Land“ statt, welches bis zum 31. Dezember 2020 von der Hochschule Merseburg (Professorin Dr. Heike Mrech, Professur für Produktionssysteme und CAM) in Kooperation mit der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (Professor Dr. Mesut Günes, AG Kommunikation und Vernetzte Systeme) durchgeführt wird. Mit Projekttagen in Gymnasien, der FEMININ-Tour sowie digitalen Angeboten richtet „FEMININ quer durchs Land“ den Fokus besonders auf Schülerinnen aus ländlichen Regionen Sachsen-Anhalts. Zu den digitalen Angeboten gehören unter anderem spezifisch für den Unterricht entwickelte Webinare, E-Learning-Einheiten, Interviews und Online-Beratungsstunden.
An Frauenpowertagen und in Praktika ermöglicht das Projekt freies, kreatives Experimentieren in den Bereichen Chemie, Robotik, Physik oder Informatik. Mädchen und junge Frauen sollen in den unterschiedlichen Veranstaltungsformaten die Vielfalt der Natur- und Ingenieurwissenschaften kennenlernen. Ihnen wird Mut gemacht, sich für einen Beruf in diesem Feld zu entscheiden und sie werden bei ihrer Studien- und Berufswahl unterstützt.
Das Projekt FEMININ wird aus Mitteln des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt und aus dem Operationellen Programm des Europäischen Sozialfonds ESF finanziert.
Maschinenlernen in Magdeburg
Maschinelles Lernen wird immer wichtiger. Als Pionier auf diesem Forschungsgebiet gilt ein Professor aus Magdeburg: Rudolf Kruse.
Magdeburg (vs) l Geht es zum Beispiel um die Sicherheit beim autonomen Fahren, ist künstliche Intelligenz (KI) unabdingbar. Und das bedeutet: Maschinelles Lernen wird in Zukunft immer wichtiger. Was das bedeutet: Wissenschaftler versuchen zum Beispiel die Strukturen des menschlichen Gehirns, und damit die Übertragung von Nachrichten zwischen Neuronen, zu imitieren.
Sehr hilfreich in der KI sind auch sogenannte Fuzzy-Methoden. Als einer der Pioniere auf diesem Forschungsgebiet gilt ein Professor aus Magdeburg: Rudolf Kruse. Seit 23 Jahren arbeitet der Informatiker an der Otto-von-Guericke-Universität. Von Beginn an sind die Fuzzy-Systeme sein Forschungsschwerpunkt.
Prof. Dr. habil. Rudolf Kruse, Ergebnisse seiner Forschung wurden unter anderem von Volkswagen genutzt. Foto: Pro M
Unscharfe Begriffe mathematisch verarbeitet
Was verbirgt sich dahinter? Ein Mensch kann Entscheidungen fällen, auch wenn er nur unvollständige oder sogar widersprüchliche Informationen hat. Ein Computer kann das erstmal nicht. Jedoch mit Hilfe der Fuzzy-Logik werden solche unscharfen Begriffe mit mathematischem Inhalt gefüllt und so dem Computer zugänglich gemacht. Rudolf Kruse vergleicht das Ganze mit unscharfen Aussagen in Kochrezepten, wie die Angabe „eine Prise Salz“.
„Das zu mathematisieren, eine Theorie zu entwickeln, die solche Aussagen übersetzt“, ist Kruses Anliegen. Seine Entwicklungen in diesem Bereich sind bahnbrechend. Dafür wurde er 2018 mit dem renommierten Fuzzy Systems Pioneer Award ausgezeichnet. Der Award gehört zu den höchsten Auszeichnungen des Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE), dem weltweit größten Berufsverband für Ingenieure aus den Bereichen Elektro- und Informationstechnik.
Autor von 25 Fachbüchern
Seit Oktober 2017 ist Rudolf Kruse emeritierter Professor, 21 Jahre lang hatte er eine Professur für Praktische Informatik an der Magdeburger Uni inne. Er kann auf zahlreiche Veröffentlichungen in renommierten Fachzeitschriften verweisen, ist Autor von 25 Fachbüchern.
An der Technischen Universität Braunschweig hatte Kruse Mathematik, Informatik und Physik studiert und dort promoviert. Seine erste Professur nahm er an der Braunschweiger Universität an. Zehn Jahre später, 1996, wechselte der Wissenschaftler als Professor nach Magdeburg. Und ist heute noch hier aktiv.
Volkswagen nutzt Ergebnisse der Forscher
„Diese Entscheidung habe ich nie bereut“, sagt Rudolf Kruse. In der Landeshauptstadt wurde die Fakultät ganz neu aufgebaut. „Ich konnte Teil dieses Prozesses sein.“
Die Kollegen seien überzeugend und mutig gewesen. „Ich habe das Gefühl, hier ziehen alle an einem Strang und so sind auch mal ungewöhnliche Entscheidungen möglich.“ Damit meint der Informatiker zum Beispiel das Angebot neuer Studiengänge wie „Data and Knowledge Engineering“. Woanders sei es viel schwieriger alte Strukturen aufzubrechen.
Getriebe reagiert auf Fahrer
Dass mit Methoden künstlicher Intelligenz Neues und Ungewöhnliches möglich ist, führt offenbar auch zu einzigartigen Innovationen. Zum Beispiel wurde für das Automatikgetriebe des VW Beetle eine Fuzzy-Methodik aus Kruses Arbeitsgruppe genutzt. Was dieses System kann: Die Sportlichkeit des Fahrers wird beim Schalten berücksichtigt. Anhand der Daten findet das System heraus, um was für einen Fahrertyp es sich handelt und kann sich bei der Schaltung darauf einstellen.
Auch in Sachen Planung nutzt VW Ideen aus Magdeburg. Weltweit werden VW-Fahrzeuge mit sogenannten Bayes’schen Netzen geplant, die auf der Wahrscheinlichkeitstheorie beruhen. „Wenn ich ein Auto bestelle, kann ich unter Hunderten verschiedenen Sonderausstattungsmerkmalen auswählen. Die Fertigung muss sorgfältig geplant werden“, sagt Rudolf Kruse. Viele Methoden für genau diese Planung wurden an der Otto-von-Guericke-Universität entwickelt.
Firmengründungen aus der Universität
Mit Hilfe der Studenten werden an der Informatikfakultät regelmäßig neue Ideen realisiert. Im Rahmen von Master- und Doktorarbeiten werden Software-Programme entwickelt und online präsentiert. Rudolf Kruse: „Unternehmen können sich direkt die Tools anschauen und testen.“ Mehrere Unternehmen seien in diesem Zuge bereits auf die Wissenschaftler zugekommen. Auch eigene Firmen wurden aus der Fakultät heraus gegründet. Kruse ist stolz auf die Entwicklung der Fakultät. „In der Lehre belegen wir im Vergleich zu anderen Unis immer Spitzenplätze.“
„Made in Magdeburg“ ist eine Gemeinschaftsserie von Volksstimme und dem Stadtmarketingverein Pro M. Mehr dazu auch online auf einer eigenen Internetseite.
IT-Experten entwickeln Sicherheitskonzepte für regionale Unternehmen
Die Digitalisierung ist aus dem privaten Alltag und den Strategien von Betrieben und öffentlichen Einrichtungen nicht mehr wegzudenken. Gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen des Landes fehlen jedoch oftmals die Ressourcen, ITSicherheit von Anfang an mitzudenken und zeitgemäß zu integrieren. Informatiker und ITExperten der Hochschule Harz, der MartinLutherUniversität HalleWittenberg (MLU) und der OttovonGuerickeUniversität Magdeburg (OVGU) wollen das nun in dem gemeinsamen Forschungsprojekt „CyberSecurityVerbund SachsenAnhalt“ ändern, auch als Teil der Digitalen Agenda des Landes. Jede Hochschule erhält hierfür rund 640.000 Euro vom Land und aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).
Ende August fand an der Hochschule Harz die Auftaktveranstaltung statt. Prof. Dr. Hermann Strack, Experte für Netzwerke und praktische Informatik in Wernigerode, ist Koordinator des gemeinsamen Vorhabens. Er erklärt: „Informationstechnik wird oft im DoityourselfVerfahren aus Komponenten verschiedenster Anbieter zusammengestellt ohne konsequente Vorsorge bezüglich ITSicherheit.“ Sein Mitstreiter Dr. Sandro Wefel, ProjektLeiter am Institut für Informatik der MLU, ergänzt: „Geräte kommunizieren im Internet ohne menschliches Zutun miteinander. Das sind nicht nur Smartphones und andere Alltagsgegenstände auch in der Industrie gibt es viele Anwendungsbereiche für das sogenannte ‚Internet der Dinge‘. Das stellt jedoch ein beliebtes Angriffsziel für Hacker dar, es drohen nicht nur Datenklau und finanzielle Verluste, sondern auch rechtliche Sanktionen. Den Bedarf nach besseren Sicherheitsmechanismen gibt es eigentlich in allen Wirtschaftsbereichen.“ Prof. Dr. Jana Dittmann, InformatikProfessorin an der OVGU, betont, was die Wissenschaftler antreibt: „ITSicherheit und Datenschutz werden wesentlich zur Zukunfts und Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts SachsenAnhalt beitragen.“
Sehr oft sei das Internet im Alltag eher mit Konsum, Spaß und Unterhaltung verbunden, das Bewusstsein um sensible Datenverkehre und der Schutz komplexer digitaler Prozesse kommen zu kurz. Hermann Strack zieht als Beispiel die Architektur heran: „Ein Haus soll schön aussehen und stilsicher eingerichtet sein, gleichzeitig muss es Wind und Wetter standhalten und Schutz bieten dafür integrieren Architekten, Statiker und Bauingenieure schon im allerersten Schritt der Planung die Sicherheit in ihre Konstruktion.“ In der IT nennen die Experten das „Security by Design“. „Und das ist auch unser Ziel“, so Strack. Der Professor blickt auf zahlreiche Projekte zurück, die unter anderem den Einsatz des neuen Personalausweises im Bildungsbereich wie z.B. bei Prüfungsmeldungen oder im Zeugniswesen untersucht haben. Dies ist ein Beispiel für den konstruktiven Einsatz von vertrauenswürdigen und hochwirksamen Sicherheitskomponenten.
Die Wissenschaftler besuchen derzeit Unternehmen und Einrichtungen darunter auch Schulen und öffentliche Verwaltungen um dort den Bedarf nach modernen und wirksamen Lösungen zu analysieren. Gemeinsam entwickeln die drei Projektpartner im Anschluss passende Beratungs und Schulungsangebote. Dabei geht es auch darum, Mitarbeiter zu sensibilisieren und entsprechende Lösungskompetenzen aufzubauen. Großen Wert wird auf Unabhängigkeit und Anbieterneutralität gelegt. „Bereits Anfang 2020 ist eine Informationsveranstaltung geplant“, erklären die Hochschulvertreter. Das Projekt läuft noch bis 2022.
Kontakt und Ansprechpartner:
Verbundprojekt: netlab@hsharz.de
Prof. Dr. Hermann Strack, HS Harz: hstrack@hsharz.de
Prof. Dr. Jana Dittmann, OvGU: jana.dittmann@iti.cs.unimagdeburg.de
Dr. Sandro Wefel, MLU: sandro.wefel@informatik.unihalle.de
Teilnehmer der CyberSecurityAuftaktveranstaltung an der Hochschule Harz (v.l.n.r.): 1. Reihe: Cathleen
Sondermann (HS Harz), Dekanin Prof. Dr. Andrea Heilmann (HS Harz), Oliver Otto (HS Harz), Mandy Knöchel
(MLU), Sebastian Karius (MLU) / 2. Reihe: Prof. Dr. Hermann Strack (HS Harz), Robert Altschaffel (OVGU), Dr.
Sandro Wefel (MLU), Sebastian Klinner (HS Harz). Foto: Hochschule Harz